Donnerstag, 16. Februar 2012

so schnell vergeht die Zeit

Schon wieder ist es einige Monde her, das hier mal was Neues reingeschrieben wurde. Bedauerlicherweise hat das vor allem mit meiner aktuellen Beschäftigung zu tun. Dem Port habe ich nun vor etwas mehr als einem halben Jahr den Rücken gekehrt und bin ausgewandert.
Wohin?
Naja, die meisten meiner werten Leserschaft (vermutlich sogar alle beide) werden es wohl schon wissen. Mich hat es in den Westen verschlagen. Die geringe Anzahl an Artikeln hier könnte man wohl demnach auch als „Im Westen nichts Neues“ überschreiben aber dann bekäme man am Ende noch Schwierigkeiten mit irgendwelchen Urheberrechtsanwälten. Das scheint ja ziemlich in Mode zu kommen, auch wenn es gutenplagistische Gegenbeispiele gibt.
Außerdem ist es hier gar nicht soooo langweilig wie man vielleicht vermuten könnte. Ganz anders sah das noch vor den Weihnachtsferien aus. Einen Großteil meiner Zeit verbrachte ich damit, mir Arbeit zu suchen. In meiner kleinen, nicht ganz so feinen Wohnung war es weitgehend aufgeräumt und sauber, meine Unterlagen waren geordnet. Irgendwie kam mit dem Jahreswechsel dann auch die Keule. Plötzlich geht’s los. Schulaufgabe hier, Stundenvorbereitung da, Fachsitzung, Besprechung, Kritik, Lob, unhaltbare Argumentationen, berechtigter Tadel ... ein Feuerwerk der Emotionen. Meinen Mitrefis ging’s nicht anders und so fand sich schnell eine Gruppe der tapfersten Kämpfer die unermüdlich von 7Uhr bis Mitternacht im Seminarraum den Berg an Arbeit von links nach rechts schaufelten. Vor sich herschieben wie an der Uni geht nicht mehr. 9-5-Jobs wie im Port sind zwar sicher entspannter aber wenn dann doch vielleicht eine kleine (eher mikroskopische) Chance auf eine Lebenszeitverbeamtung besteht, schlägt man sich halt so durch. Und selbst wenn das mit dem Beamtentum wohl illusorisch ist, man hat ja schließlich nicht umsonst 8Jahre studiert, Geld, Zeit, Leben investiert um dann an irgendeinem Telefon willkürlichen Blödsinn zu erzählen. Das tut man dann lieber in irgendeiner Klasse. – Spontane Unterrichtsvorbereitung klingt übrigens viel cooler als es ist. Referate konnte man an der Uni noch mal schnell aus dem Hut zaubern, schließlich muss man den Spaß ja nur ordentlich verkaufen können. Spielen aber bis zu 32 Schüler im eigenen Team mit und sitzt dann womöglich noch ein Betreuungs- oder Seminarlehrer auf der Gegenseite (sprich hinter der Klasse), bedarf dies einer wesentlich ausführlicheren Vorbereitung. Nix mehr mit pseudo-wissenschaftlichem Oberflächenkratzen. Was der Seminarlehrer sagt, ist Gesetz. Was er nicht sagt, ist zu erahnen und ebenso wie das gesagte zu behandeln. Wer sich nicht daran hält, wird entweder standrechtlich erschossen oder mit einem DUMMKOPF-Stempel auf der Stirn mit Arbeit eingedeckt. Naja, ganz so ist es dann wohl doch nicht, schließlich sind Stempel ja was für den Kindergarten oder die Grundschule aber mit Sicherheit nichts für den Einsatz an einem Gymnasium.
Zurück zur Chance. Ich bin mir immer noch nicht 100%ig sicher ob ich das hier wirklich die nächsten 40-50Jahre machen will. Mit einer Lebenszeitverbeamtung kann man sich dann aber bestimmt ein wenig mehr zurücklehnen und bis man diese bekommt, hat man sicher auch irgendwie schon mal alle Klassen in jedem seiner Fächer unterrichtet. Dann heißt es, aus dem Materialfundus schöpfen, entspannt zurücklehnen und auf die nächste Gehaltsstufe warten. Arbeitslos kann man ja nicht mehr werden und das schlimmste Szenario ist die Versetzung in ein Amt. Bis dahin geht aber noch viel Wasser die Elbe runter und eigentlich würd ich schon gerne wieder zurück. Man wird sehen was kommt, in 1,5Jahren kann die Welt schon ganz anders aussehen und vielleicht regieren dann die Hühner, es gibt laserstrahlenschießende Bäume und man tauscht ein Stück Butter gegen zwei Tannenzapfen.
Die geneigte Leserschaft (diesmal sicher alle beide) fragt sich sicherlich, wie ich bei all dem Wehklagen nun plötzlich doch Zeit und Motivation finden kann, diesen Post zu verfassen. Nun, ich sitze grade in einer Vertretungsstunde und die Kids (ein kleiner Mittelstufen-Italienischkurs) sind mit sich, irgendwelchen (Haus-)Aufgaben und Kartenspielen beschäftigt. Ergo, ich habe Zeit mich hier mal ausgiebig der Reflexion hinzugeben und dabei noch möglichst beschäftigt zu wirken.
Ansonsten geht das Halbjahr mit dem morgigen Freitag zu Ende. Mal schauen welche Aufgaben mein werter Seminarlehrer noch für mich hat, bevor wir Weiden für das nächste Jahr den Rücken kehren können. Am Freitag steht noch ein Abschlussessen der Tapferen an, schließlich hat man in den paar Monaten auch Freunde gewonnen. Schon allein die gegenseitige Hilfe (ich bin dabei wiedermal der Technik-Toni und fühle mich so auch immer wieder an die guten alten Portzeiten erinnert) war und ist Gold wert und so werden wir uns sicher zum größten Teil ein wenig vermissen. An der Einsatzschule sind wir dann allein aber auch das wird zu schaffen sein (müssen).
Ich hoffe mal die Chance zum nächsten Blogeintrag lässt nicht wieder ein halbes Jahr auf sich warten. Man wird sehen wir die dreifache Stundenzahl, die Inexistenz eines stetig drohenden Seminarlehrers und die Einsamkeit (wohl ein zu hartes Wort aber die Stunde ist gleich vorbei) sich gegeneinander aufwiegen. Eins ist aber sicher: Wir schaffen das. Rock on!